FREISING. „Die Menschen in der Ukraine haben es verdient, dass sie eine wirkliche Perspektive für ihre Zukunft in Freiheit und Frieden in der europäischen Familie bekommen“, ist Professor Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer des katholischen Osteuropa-Hilfswerkes Renovabis, mit Blick auf den anstehenden EU-Gipfel in Brüssel überzeugt. Schwartz fordert die sofortige Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit einem ambitionierten sowie verbindlichen Zeitplan. „Es wäre fatal, wenn die Ukraine vertröstet und ihre Zukunft vom Wohlwollen der russischen Politik abhängig gemacht werden würde“, unterstreicht der Renovabis-Chef.
Große Sorge macht Schwartz die aktuelle Entwicklung: „Im Westen lässt die Solidarität mit der Ukraine nach, dringend benötigte Hilfen werden in Frage gestellt und die wachsenden populistischen und nationalistischen Stimmungen lassen für anstehende Wahlen nichts Gutes erwarten.“ Umso dringlicher seien jetzt klare Entscheidungen der EU-Staats- und Regierungschefs. „In einer historisch so herausfordernden und entscheidenden Zeit dürfen nationale Interessen und taktische Spielereien nicht das Handeln leiten. “ Vielmehr brauche es aus Sicht von Schwartz statt engstirnigem und kurzsichtigem Kleinklein nun Weitsicht und Kreativität für eine neue Strategie sowie den Willen zu einem großen Wurf.
„Ich kann mir nicht vorstellen, wie dieser Krieg durch Verhandlungen mit Russland gelöst werden kann“, sagt Schwartz. Wie solle man Verhandlungen führen, wenn das eine Land dem anderen sein Existenzrecht grundsätzlich abspreche und sogar dessen eigenständige Kultur auslöschen wolle, erinnert Schwartz an offizielle Äußerungen der russischen Regierung. „Deswegen braucht es nun neue Ideen, wie Integration in die Europäische Union aussehen kann.“ Schwartz kann sich eine zeitnahe Aufnahme der Ukraine in die EU mit einer anschließenden schrittweisen Integration in die verschiedenen europäischen Politikfelder vorstellen. „Das wäre dann auch ein klares Signal an die Menschen in der Ukraine - und gleichzeitig auch ein deutliches Zeichen an Russland, dass die um die Ukraine erweiterte EU zusammensteht.“ Von solchen neuen Wegen der EU-Integration könnten auch die Staaten des Westbalkan profitieren, denkt der Leiter des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis.