FREISING. Renovabis, das Osteuropa-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, begrüßt die Erklärung des Bundestages zum „Holodomor“ und dankt allen Abgeordneten, die diese Erklärung eingebracht und unterstützt haben. „Endlich wird das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer, für das der Holodomor in besonderer Weise steht, anerkannt und von der deutschen Öffentlichkeit wahrgenommen", würdigt der Hauptgeschäftsführer Pfarrer Professor Thomas Schwartz die Resolution. Allzu lange sei das Schicksal des ukrainischen Volkes nicht im deutschen Bewusstsein gewesen. „Die Ukraine ist als Nation mit eigener Geschichte und Kultur einfach übersehen worden“, blickt Schwartz kritisch zurück.
Der Holodomor vor 90 Jahren in stalinistischer Zeit sei Teil einer langen Leidensgeschichte. Auch Deutschland habe im Zweiten Weltkrieg in der Ukraine eine Spur des Todes hinterlassen, erinnert Schwartz. Von der Resolution des Bundestages erhofft sich der Renovabis-Chef einen Impuls, dass die Geschichte der Ukraine endlich wahrgenommen und gewürdigt werde.
Renovabis-Leiter Schwartz schlägt einen Bogen zum aktuellen, von Russland dem ukrainischen Volk sinnlos aufgezwungene Krieg: Ihn erinnere die russische Kriegsführung „durchaus an den Holodomor vor 90 Jahren“. Zugleich macht er auf einen Unterschied aufmerksam. Damals verloren bis zu vier Millionen Menschen in der Ukraine durch bewusst herbeigeführten Hunger ihr Leben. Dies geschah 1932/1933 jenseits der Wahrnehmung in anderen Ländern. „Heute bekommt die ganze Welt mit, wie durch die gezielte Zerstörung von Infrastruktur den Menschen in der Ukraine die Lebensgrundlagen genommen werden sollen“, so Schwartz. Er fordert: „Wir müssen alles tun, dass es in diesem Winter in der Ukraine Wärme, Elektrizität und Wasser gibt und es zu keiner neuen humanitären Katastrophe kommt.“ Diesen Appell richtet der Renovabis-Chef nicht nur an die Regierungen. Auch jeder Einzelne könne einen Beitrag leisten, durch Spenden an Hilfsorganisationen oder die Aufnahme von Flüchtenden.
Der Bundestag hat am heutigen Mittwoch, 30. November, mit breiter Mehrheit die Erklärung „Holodomor in der Ukraine: Erinnern - Gedenken - Mahnen“ verabschiedet. In dieser wird der Holodomor (Mord durch Hunger) als Völkermord anerkannt. Dieses Menschheitsverbrechen sei „Teil unserer gemeinsamen Geschichte als Europäerinnen und Europäer“, heißt es darin. Weil es in Deutschland und der EU aber noch wenig bekannt ist, „sei die Bundesregierung aufgefordert, zur Verbreitung des Wissens über den Holodomor und zum Gedenken an dessen Opfer beizutragen“. Den Antrag hatten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die CDU/CSU-Fraktion gemeinsam eingebracht.