Quelle: Collage Canva / Renovabis
Die katholischen Hilfswerke in Deutschland warnen vor katastrophalen Auswirkungen des Kahlschlags bei der US-amerikanischen Entwicklungshilfebehörde USAID. Auf Anfrage von katholisch.de berichteten Adveniat, Missio, das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" und Renovabis, sie selbst seien bisher zwar vor allem indirekt betroffen. Für die Entwicklungszusammenarbeit insgesamt seien aber jetzt schon tiefgreifende Auswirkungen zu diagnostizieren. Am 20. Januar hatte US-Präsident Donald Trump die Aussetzung sämtlicher Entwicklungshilfemaßnahmen der USA zunächst für 90 Tage angeordnet.
Alle vier Hilfswerke berichten von Anfragen von Partnern vor Ort, in die weggebrochene Finanzierung von Hilfsprojekten einzuspringen. Auch, wenn die Geldströme für rund drei Monate ausgesetzt seien, würden jetzt schon Strukturen der Entwicklungszusammenarbeit nachhaltig zerstört, berichten Vertreter der Hilfswerke übereinstimmend. "Für Hilfsorganisationen in aller Welt summieren sich die nun ungedeckten Projekt- und Personalkosten in kürzester Zeit auf. Sie müssen jetzt reagieren, jetzt Personal entlassen und jetzt Projekte von einem Tag auf den anderen stoppen", erklärt Martin Lenz, Leiter der Abteilung Projektarbeit beim Osteuropa-Hilfswerk Renovabis.
"Große Unsicherheit"
Auch laut dem Kindermissionswerk werden schon jetzt mühsam angelegte Strukturen bei der Versorgung von Hilfsbedürftigen zerschlagen, etwa Bereich von Ernährung und Gesundheit. Die Folgen eines längerfristigen Ausfalls seien kaum auszumalen. "Sollten zukünftig jährlich über 40 Milliarden US-Dollar an Entwicklungshilfe fehlen, dann ist das für hilfsbedürftige Menschen in der Einen Welt eine wahre Katastrophe", so Dirk Bingener, Präsident der Sternsinger, der gleichzeitig auch dem Hilfswerk Missio vorsteht. Einmal entlassene Mitarbeitende könnten nicht ohne weiteres zurückkehren. "Es herrscht bei unseren Partnern vor Ort eine große Unsicherheit". Ähnlich sieht das auch Martin Lenz: "Die Auswirkungen des Ausgabenstopps treiben nun weltweit neue Armuts- und Konfliktspiralen an und führen wahrscheinlich zu verstärkten Fluchtbewegungen", sagt er. Im besten Fall könne die Kürzung zwar langfristig dazu führen, dass tief verankerte Abhängigkeiten hinterfragt und auflöst würden und dass Länder, die bisher auf Entwicklungszusammenarbeit angewiesen waren, noch stärker alles versuchen müssten, um besser auf eigenen Beinen zu stehen. "Aber der Preis dafür sind Menschenleben".
Inés Klissenbauer, die Mittelamerika-Referentin von Adveniat, berichtet konkret etwa von betroffenen Menschenrechtsorganisationen in El Salvador. Sie unterstützten Familien, deren jugendliche oder erwachsene Kinder unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Jugendbanden ohne Verfahren eingesperrt würden. "Im Kampf gegen die Jugendbanden hat Präsident Nayib Bukele teilweise wahllos auch Unschuldige verhaften lassen. Sie sitzen ohne Verfahren im Gefängnis, es drohen ihnen Hunger, Gewalt und Folter", heißt es von dem Hilfswerk. Adveniat versuche da zwar so gut es gehe Unterstützung zu leisten und einzuspringen. "Aufzufangen sind die Ausfälle jedoch nicht".
In Osteuropa ist nach Angaben von Renovabis etwa die Friedens- und Versöhnungsarbeit im ehemaligen Kriegsgebiet Bosnien betroffen. "Auch wir versuchen da, so gut es geht einzuspringen, haben im Vergleich zu einem Riesen-Player wie USAID aber nur sehr begrenzte Möglichkeiten", so Martin Lenz.
Dass die US-Hilfe nach drei Monaten wieder aufgenommen wird, darauf wollen sich etwa die Partner von Missio nicht verlassen – im Gegenteil. "Die Sorge ist groß, dass das Vorgehen der Trump-Regierung Schule macht. Auch in Europa gerät die Entwicklungszusammenarbeit zunehmend unter Rechtfertigungsdruck", so Dirk Bingener. Ein Zurückfahren der Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu einer möglichen Zerschlagung des deutschen Ministeriums für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) ist etwa auch im Bundestagswahlkampf ein Thema.
Caritas Internationalis: Unermessliches Leid
Schon zu Beginn der Woche hatte der Caritas-Weltdachverband Caritas Internationalis in Rom vor "katastrophalen Folgen" einer Zerschlagung der US-Entwicklungsbehörde gewarnt. Die geplante Maßnahme sei ein "Affront gegen die Menschenwürde, der unermessliches Leid verursachen wird", sagte Generalsekretär Alistair Dutton. Die plötzliche Einstellung von USAID werde "Millionen Menschen das Leben kosten und Hunderte Millionen weitere zu einem Leben in unmenschlicher Armut verurteilen".
Die Trump-Regierung will die "United States Agency for International Development" (USAID) mit rund 10.000 Mitarbeitern und einem jährlichen Budget von mehr als 40 Milliarden US-Dollar auflösen und stark verkleinert in das Außenministerium überführen. Vor allem Tech-Milliardär Elon Musk, der Trump in Sachen Bürokratieabbau berät, übte harsche Kritik an USAID. Er warf der Behörde Korruption und Verschwendung von Steuermitteln in gigantischem Ausmaß vor. Entwicklungsexperten in aller Welt loben indes das Engagement von USAID und befürchten negative Auswirkungen auf den globalen Kampf gegen Hunger, Krankheit, Armut und Fluchtursachen.
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