Umgang mit den Toten - eine Frage der Menschenwürde
Renovabis ist Mitglied der Justitia et Pax-Arbeitsgruppe „Menschenrecht auf einen angemessenen Umgang mit den Toten“, die jetzt eine Erklärung zum gesellschaftlichen Umgang mit den Toten als Frage der Menschenwürde herausgegeben hat.
Martin Lenz, Leiter der Abteilung Projektarbeit und Länder, hat das Osteuropa-Hilfswerk in der Arbeitsgruppe vertreten. Er betont, wie wichtig die von Justitia et Pax herausgestellten Prinzipien insbesondere für die Arbeit in Mittel- und Osteuropa sind. Gerade angesichts des russischen Angriffskrieges auf Ukraine, aber auch in Erinnerung an die Verbrechen der Vergangenheit - man denke an das Massaker von Srebrenica - hat das Thema eine besondere Bedeutung für Renovabis:
„Der respektvolle Umgang mit den Toten und die Achtung ihrer Menschenwürde sind zentrale Aspekte unserer Bemühungen um soziale Gerechtigkeit und die Förderung von Menschenrechten in diesen Regionen. Die Erklärung von Justitia et Pax spiegelt die Grundwerte wider, die auch wir in unserer Arbeit vertreten. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Prinzipien nicht nur anerkannt, sondern auch in den von uns unterstützten Projekten gelebt werden, um so zu Frieden, Versöhnung und einer ganzheitlichen gesellschaftlichen Entwicklung beizutragen."
Erklärung von Justita et Pax
Die Würde des Menschen reicht über seinen Tod hinaus. Der menschenwürdige Umgang mit Verstorbenen ist ein Menschenrecht und berührt auch die Rechte der Hinterbliebenen. Darauf weist die Deutsche Kommission Justitia et Pax in ihrer Erklärung zu der Publikation „Der gesellschaftliche Umgang mit den Toten – eine Frage der Menschenwürde!“ hin - und leitet daraus konkrete Forderungen an Kirche und Gesellschaft ab.
Tote spüren keinen Schmerz, doch meist leiden die Angehörigen. Diktatorische Regierungen nutzen dies oft aus, indem sie Gräber und Leichname schänden oder Menschen verschwinden lassen und den Hinterbliebenen dadurch unsagbare Schmerzen zufügen. Doch auch in rechtsstaatlichen Ländern ist der Umgang mit Toten oft fragwürdig: Menschen ertrinken im Mittelmeer und Angehörige finden keinen Ort, sie zu betrauern. Obdachlose sterben auf deutschen Straßen und werden in aller Stille kostengünstig begraben. Die Deutsche Kommission Justitia et Pax sieht in diesen Beispielen eine große gesellschaftliche Herausforderung, der sie mit drei zentralen Thesen begegnet: Zum einen haben nach Ansicht der Kommission alle Menschen ein Recht auf einen angemessenen Umgang mit Toten, zum anderen müssen die Persönlichkeitsrechte der Verstorbenen sowie die Bedürfnisse der Trauernden geachtet werden. Schließlich muss es Räume geben für Trauer, Gedenken und die Auseinandersetzung mit dem Tod.
In diesem Zusammenhang fordert Justitia et Pax die Bundesregierung auf, mehr als bisher für einen angemessenen Umgang mit Toten zu tun, zum Beispiel, indem sie internationale Konventionen und Empfehlungen konsequent umsetzt und einen unangemessenen Umgang mit Toten und ihren Hinterbliebenen verurteilt. Aber auch den Medien und zivilgesellschaftlichen Institutionen und nicht zuletzt den Kirchen kommt dabei eine wichtige Rolle zu: Sie alle können zu einer guten Erinnerungskultur beitragen und damit eine menschenwürdige Gesellschaft fördern.
Ein solch angemessener Umgang mit Toten befriedet auch die Gesellschaft als Ganzes. „Nur wenn wir die Würde der Toten und ihrer Hinterbliebenen achten, können wir Unrecht und Verletzung verarbeiten und Wunden heilen – nicht nur in der Familie, sondern auch in unserer Gesellschaft“, sagt der Vorsitzende der deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ. „Ein guter Umgang mit dem Tod und den Toten ist echte Friedensarbeit“, so der Bischof.
Zur gesamten Publikation Der gesellschaftliche Umgang mit den Toten – eine Frage der Menschenwürde!