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Menschenhandel hat viele Gesichter – doch wenn es um sexuelle Ausbeutung geht, sind Frauen und Mädchen besonders betroffen. Renovabis setzt sich seit mehr als zwei Jahrzehnten für den Schutz Betroffener ein – mit konkreten Hilfsprojekten wie etwa der Rückkehrerinnenhilfe in Osteuropa oder rechtlicher Beratung. 2025 legt das Hilfswerk im Rahmen seines Kampagnen-Themas „Menschenwürde“ einen besonderen Fokus auf Aufklärung und öffentliche Diskussion.
Von Burkhard Haneke
Der UN-„Global Report“ von 2022 zeigt, dass Frauen und Mädchen rund zwei Drittel der Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung ausmachen. Menschenhandel ist ein milliardenschweres Geschäft, das durch Armut, Perspektivlosigkeit und organisierte Kriminalität begünstigt wird.
Das Ausmaß des Menschenhandels
In Europa verstärkt die Migration aus wirtschaftlicher Not das Problem. Viele osteuropäische Frauen werden mit falschen Jobangeboten gelockt – etwa als Kellnerin oder Haushaltshilfe –, nur um dann in der Zwangsprostitution zu enden. Andere geraten über emotionale Manipulation, insbesondere durch die perfide „Loverboy-Methode“, in Abhängigkeit und Ausbeutung. Dabei täuschen Männer die „große Liebe“ vor, um Frauen gefügig zu machen und sie in die Prostitution zu drängen. Deutschland spielt in diesem System eine zentrale Rolle. Aufgrund seiner liberalen Gesetzgebung wird das Land international teils als „Bordell Europas“ bezeichnet. Die Freier stammen aus allen Gesellschaftsschichten. Laut einer Studie von 2022 sind sich viele Sexkäufer der Zwangslagen der Frauen bewusst, doch es hält sie nicht davon ab, diese „Dienstleistungen“ in Anspruch zu nehmen. Sie wissen um die Gewalt, die Frauen in der Prostitution erleben, sehen sie aber dennoch als käufliche Ware an.
Prostitution – ein Geschäft der organisierten Kriminalität
Trotz des Prostituiertenschutzgesetzes von 2017 bleibt der Sektor von Zuhälterei, Menschenhandel und mafiösen Strukturen geprägt. Die meisten Prostituierten in Deutschland stammen aus dem Ausland, insbesondere aus Rumänien, Bulgarien, der Ukraine oder der Republik Moldau. Viele sind hoch verschuldet, leben unter enormem Druck und haben kaum eine Möglichkeit, auszusteigen. Studien zeigen, dass legale Prostitution Gewalt nicht verringert, sondern den Menschenhandel
eher fördert. Länder wie Schweden, Norwegen und Frankreich haben deshalb das „Nordische Modell“ eingeführt, das den Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe stellt, nicht aber die Prostituierten selbst. In Deutschland gibt es bisher keinen politischen Konsens über einen solchen Kurswechsel. Die öffentliche Debatte ist jedoch notwendig. Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass Deutschland zum Zentrum des europäischen Prostitutionsmarktes geworden ist? Wie schützen wir Frauen und Mädchen vor Ausbeutung?
Renovabis setzt sich mit Partnern in Osteuropa für den Schutz von Frauen ein und unterstützt den Aufbau nachhaltiger Alternativen. Doch ebenso wichtig ist es, die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zu verändern – denn solange die Nachfrage bleibt, wird das Geschäft mit der „Ware“ Frau weiterlaufen.
Den ungekürzten Beitrag von Burkhard Haneke über die Ambivalenz der offenen Grenzen im Bezug auf Frauenhandel und Zwangsprostitution können Sie hier lesen oder im Heft 1/2025 der Zeitschrift „OST-WEST. Europäische Perspektiven“ mit dem Titel Menschen und Würde
Die Zeitschrift kann telefonisch (08161/5309-61) oder per E-Mail owep@renovabis.de oder bestellung@pustet.de angefordert werden.